Famed

15. November bis 7. Dezember 2008
Famed___Leur art et leur temps

Famed: Das sind Sebastian Matthias Kretzschmar (*1978 in Leipzig), Kilian Schellbach (*1971 in Leipzig) und Jan Thomaneck (*1974 in Rostock). Gemeinsam arbeiten sie als Künstlerkollektiv unter dem Label „FAMED“. „Nomen est omen“ ist man da umgehend ver-sucht zu kalauern, und der Begriff „Fame“ also „Ruhm“ im Künstlernamen scheint dabei gleichsam die Zukunft vorwegzunehmen: Ehre und Ruhm, die der Kunstbetrieb verspre-chen. Allein, die drei Künstler haben das Substantiv „Fame“ (dt. Ruhm) in ein Verb ver-wandelt und in die passive Form gesetzt, was jeden grammatiktreuen Englischlehrer natürlich in die Verzweiflung treiben würde. Und genauso gehen sie auch in ihrem Werk vor und scheinen den Betrachter mit scharfem Witz, aber auch mit konzeptueller Strenge permanent den kunsthistorischen Boden unter den Füssen wegzuziehen – und das alles mit überraschender Leichtigkeit.
Anmassend mag der Titel klingen, wenn im eigenen Label bereits die allenfalls erhoffte Zukunft vorweg genommen wird. Allein, indem die drei Künstler das englische Substantiv zum Verb umformen und in die passive Form bzw. die Vergangenheit setzen, unterlaufen sie nicht nur sprachliche Konventionen, sondern bestimmen künstlerischen Erfolg als logisches Resultat ihrer Tätigkeit, zum einen als etwas in der Vergangenheit Geschehenes und zum andern als etwas, das – gleichsam passiv – eingetreten ist. Der sprachlichen Finessen nicht genug, lässt die Tatsache, dass sich die Kunstschaffenden selbst von Beginn ihrer künstlerischen Tätigkeit an als „berühmt“ definieren, eine geradezu eklatante Selbstüberschätzung befürchten – ausser bei FAMED. Bei den drei Leipziger Künstlern gehören sprachliche Wendungen, gedankliche Erweiterungen und ironische Brechungen essentiell zum künstlerischen Tun. Konsequent greifen sie dabei in die prallvolle Trickkiste postkonzeptueller Strategien, um im eigenen Werk die Konventionen von Kunst und ihrer Präsentation, die Bedingungen des Künstlers und des Kunstbetriebs höchst genussvoll zu hintertreiben.


Der Geistesverwandten gibt es in der zeitgenössischen Kunst einige, doch nur wenige schaffen es die Reflexion in einer solch unvergleichlichen Art und Weise ins Werk zu setzen – und zwar mit dem ihnen eigenen Gespür für die riskante Gratwanderung zwischen grossem Ernst, abgründigem Witz und nonchalanter Leichtigkeit. Wer FAMED je einmal gesehen hat, wie sie zu dritt in der Videoarbeit „Good News For People Who Love Bad News“, bewaffnet mit Motorsäge und Forstequipment, versuchen eine mächtige deutsche Eiche vor atemberaubender nebelverhangener Landschaft zu fällen und schon beim Anlassen der Motorsäge kläglich scheitern, wird sofort begreifen, in welch vielfältig verzweigtem Netzwerk von Bedeutungen und Referenzen hier „gespielt“ wird. Nicht nur wird hier mit Verweis auf die Gemälde des Romantikers Caspar David Friedrich die deutsche Kultur- und Geistesgeschichte sanft herbeizitiert, mehr noch klingt das menschliche Scheitern in absurder Weise an, wird die menschliche Hybris in wundervoller Weise konterkariert. Gleiches gilt für ihre komplexen Rauminstallationen voller listiger Bezüge zum konkreten Raum wie auch zu den Bedingungen des Ausstellens. Ihre künstlerischen Eingriffe sind klug gesetzt und von geradezu unaufdringlicher Qualität. Man könnte sie zuweilen beinahe übersehen, so wie eine lapidare Spanplatte am Boden – wobei „lapidar“ nie mit „banal“ verwechselt werden sollte – oder die Leuchte, die aus der Deckenfassung scheinbar auf den Boden des Ausstellungsraumes gefallen ist. „Will I Be Missed?“ lautet der schalkhafte Titel dazu. Mit überraschender Treffsicherheit verbindet das Kollektiv einen konzeptuellen künstlerischen Anspruch, der die Traditionen der Kunst sowie die Bedingungen der Präsentation von Kunst immer mitdenkt, mit subtilen Eingriffen und feiner Ironie: „Empty until full“ – in der auf die Wand gesprayten Schrift, zwischen einem Anführungs- und Schluss-zeichen aus Neon, verbindet sich das klassische amerikanische Werbemedium der Leuchtschrift mit der aus dem Underground stammenden Geste des Sprayens. Und beim Sprayen wird just das entleert, was als Schrift auf der Wand erscheint, wie umgekehrt der Raum zwischen Anführungs- und Schlusszeichen mit einem Text angefüllt wird, während sich die Spraydose entleert. Und schon befinden wir uns als staunende Zuschauer mitten in den intellektuellen Verrenkungen und Verirrungen, in die uns die drei Künstler in listiger Weise immer wieder hineinführen.